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Nationalsozialismus in Blomberg

Seit mehr als 70 Jahren ist er zum Glück vorbei, der Zweite Weltkrieg. Damit fand auch die zwölfjährige Terrorherrschaft der Nationalsozialisten zwischen 1933 und 1945 ein Ende. Grund genug, einen Blick auf das zu werfen, was in den 1930er- und 1940er-Jahren in der Nelkenstadt passiert ist.

Wirtschaftliche, soziale und politische Verhältnisse vor 1933

Wirtschaftliche und soziale Verhältnisse

In den 1920er- und 1930er-Jahren gaben in Blomberg auf dem wirtschaftlichen Sektor hauptsächlich die holzverarbeitenden Betriebe den Ton an.

Größter Arbeitgeber war 1929 die Sperrholzfabrik Hausmann mit genau 265 Angestellten. Im Bereich der Handwerker waren vor allen Dingen Tischler, Schneider und Schuhmacher stark vertreten. Bezogen auf die Landwirtschaft existierte mit der Blomberger Domäne ein wirklicher Großbetrieb. Allerdings war es so, dass fast alle Blomberger Familien in irgendeiner Form Landwirtschaft betrieben, kleine Ackerflächen besaßen und die zum Zweck der Selbstversorgung bewirtschafteten.

Die weltweiten wirtschaftlichen Probleme Ende der 1920er-Jahre machten jedoch auch nicht vor Blomberg halt, was sich hier in den Löhnen der Beschäftigten deutlich niederschlug und teilweise zu Entlassungen führte.

Politische Verhältnisse

Die politische Entwicklung in Lippe – und damit auch in Blomberg – verlief in der Zeit der Weimarer Republik in etwa analog zu der des Deutschen Reiches, was bedeutet: Erst gab es eine breite Unterstützung für die tragenden Parteien, die später deutlich abnahm und somit radikale Gruppierungen mehr und mehr Zulauf erhielten. Das hängt mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zusammen.

In Blomberg gab es für die SPD bis 1930 immer zwischen 30 und 60 Prozent der Stimmen. Dazu kamen die nationalliberale Deutsche Volkspartie (DVP) und die konservativ-monarchistische Deutschnationale Volkspartei (DNVP). Im September 1930 trat dann erstmals die NSDAP bei der Reichstagswahl mit 19,1 Prozent stärker in Erscheinung und avancierte so zur zweiten Kraft.

Zwei Jahre später, im Juli 1932, wurde die NSDAP mit 41,8 Prozent der Stimmen auch in Blomberg stärkste Partei und blieb das auch nach den Wahlen im November desselben Jahres mit 34 Prozent. Im lippischen Vergleich hatte Blomberg bei den Wahlen am Ende der Weimarer Republik nach Schwalenberg und Barntrup in der Regel die meisten NSDAP-Wähler.

„Die SPD war die Partei, die die Weimarer Republik ohne Wenn und Aber verteidigte. Die KPD, die 1932/1933 in Blomberg Wahlergebnisse zwischen zehn und 20 Prozent erzielte, wollte auch am Ende der Weimarer Republik eine revolutionäre Umwälzung in eine sozialistische Gesellschaft. Die katholische Zentrumspartei war in Blomberg ohne Bedeutung“, hält der Blomberger Stadtarchivar Dieter Zoremba fest.

NSDAP: Struktur und Aktivitäten

Größere Aktivitäten durch die NSDAP gab es in Blomberg ab 1928. Zwei Jahre später wurde die Blomberger Ortsgruppe der NSDAP gegründet und fortan von Otto Albert geleitet. An verschiedenen Versammlungen im Kaiserhof oder Ausmärschen nahmen ab dann regelmäßig mehr als 100 Personen teil.

Auch die Zahl der Parteimitglieder stieg von deren 60 im März 1932 deutlich an. In der Nelkenstadt aktiv war aber nicht nur die Ortsgruppe, sondern auch diverse andere nationalsozialistische Organisationen wie unter anderem SS, SA, HJ und BdM. „Die NSDAP konnte gerade in vielen Kleinstädten wie Blomberg schnell Fuß fassen. Hier gab es viel Gewerbe, viel Handwerk, keine große Industrie und die bürgerliche Mittelschicht war sehr ausgeprägt vorhanden. Dazu kam, dass Blomberg eher evangelisch war – und die Menschen, die in Verbindung mit dieser Kirche standen, stärker zu den Nazis tendiert haben als die der katholischen Kirche“, unterstreicht Dieter Zoremba.

Die historischen Fakten stützen die Aussage des Stadtarchivars: Viele Nationalsozialisten aus der Nelkenstadt entstammten dem Mittelstand, Arbeiter gab es in der Partei dagegen nur wenige. Interessant ist auch, dass einige der Kandidaten der Bürgerlichen Einheitsliste 1932 gut ein Jahr später auf der Liste der NSDAP auftauchen.

Wahlergebnisse und Machtergreifung 1933

Das Jahr 1933 war das der Nationalsozialisten. Nachdem die Partie nach vorangegangenen Erfolgen Ende 1932 nur noch 33,4 Prozent der Stimmen bekommen hatte, was auch zu innerparteilichen Spannungen führte, gab es bei den Landtagswahlen in Lippe im Januar 1933, bezogen auf die Resultate in Blomberg, 43,4 Prozent der Stimmen, bei der Reichstagswahl im März sogar 49,6 Prozent.

„Bei den Wahlen 1932 und 1933 hat die NSDAP einen deutlichen Zulauf erhalten, weil sie von vielen Menschen aus dem bürgerlichen Lager, also der Mitte der Gesellschaft, gewählt wurde. Diese Gruppe war in Blomberg, wie in anderen vergleichbaren Kleinstädten, stark vertreten“, so Zoremba. Die Steigerung 1933 hing auch damit zusammen, dass der Aufwand in Sachen Propaganda deutlich erhöht wurde und Parteigrößen über die Dörfer tingelten und dort Wahlkampf betrieben.

Adolf Hitler selbst war 1933 im Rahmen des Landtagswahlkampfes am 13. Januar in Blomberg und hat im Dreschschuppen nahe der heutigen Schießhalle genauso wie der spätere Reichsinnenminister Wilhelm Frick eine Rede gehalten – und das vor rund 5000 Besuchern. Weniger los war dagegen am Tag der Machtübernahme. Am 30. Januar 1933 fanden keine großen Umzüge statt. Erst am 4. Februar gab es einen Fackelzug durch die Nelkenstadt.

Stabilisierung der Macht

Stark zu beobachten war, dass 1933 viele öffentliche Veranstaltungen wie Feste und Aufmärsche stattgefunden haben. Daran, obwohl von der NSDAP organisiert, haben auch viele Blomberger teilgenommen.

„Mitte 1933 haben beispielsweise Turn- und Sängerfeste stattgefunden. Daran waren, bis auf die da schon verbotenen Arbeitervereine, zahlreiche Blomberger Vereine beteiligt. Auch das Schützenfest des Jahres 1933 wurde zum Schützenfest der nationalen Erhebung. Die Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager und den bürgerlichen Vereinen war in jedem Fall vorhanden, was sicherlich aber auch an der Gleichschaltung lag“, resümiert Dieter Zoremba und fährt fort: „Die Nationalsozialisten haben im Jahre 1933 mit einer Vielzahl von Veranstaltungen den öffentlichen Raum besetzt. Das sollte die Bevölkerung mobilisieren und begeistern und zur Festigung des Nationalsozialismus beitragen.“

Äußere Zeichen der neuen Machtverhältnisse gab es mit Hakenkreuz-Fahnen auf Rathaus, Martiniturm und den Schulen ebenfalls.

Verfolgung – Terror – Repressalien

Im Deutschen Reich setzte unmittelbar nach dem 30. Januar eine massive Verfolgung der politischen Gegner ein. „Anfang März 1933 wurden auch in Blomberg zunächst Anhänger der KPD verhaftet und in sogenannte Schutzhaft genommen. Ende März folgten Hausdurchsuchen und Verhaftungen von SPD-Angehörigen. Die Arbeitervereine wurden aufgelöst und das Gewerkschaftsbüro in der Gartenstraße wurde geschlossen“, erklärt Dieter Zoremba. Massiv bedroht und inhaftiert wurde auch der jüdische Bürger Gustav Königheim. Ende Juli 1933 tauchten nachts plötzlich SA- und SS-Männer vor dem Haus Königheims auf. „Der rief daraufhin den hiesigen Wachtmeister an. Anstatt ihm zu helfen, nahm der ihn aber bis zum nächsten Tag fest“, unterstreicht Zoremba das damals herrschende Unrecht.

Im März und April traten sozialdemokratische und kommunistische Abgeordnete aus dem Stadtparlament aus, das Ende April endgültig nationalsozialistisch ausgerichtet wurde.

Ein Relikt und umbenannte Straßen

Ein Relikt aus der NS-Zeit ist das 1935 eingeweihte Freibad. Straßen, die von den Nationalsozialisten umbenannt wurden, gab es mit Hitler-Allee (Ulmenallee), Hindenburgplatz (am Martiniturm), Franz-Seldte-Platz (Hagenplatz) und Horst-Wessel-Platz (an der Auffahrt zum Niederntor).

Einen Gedenkstein für Hitler errichtete man 1936 mit der Aufschrift „Zur Erinnerung an die im lippischen Wahlkampf 1933 in Blomberg gehaltene Rede des Führers“ im Bereich der heutigen Schießhalle. Zudem wurde Reichsinnenminister Wilhelm Frick am 15. Januar 1937 zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.

Zwangsarbeiter und Internierte

Zwangsarbeiter gab es 1944 etwa 160 im damaligen Blomberger Stadtgebiet. Das waren vor allem Polen und Ukrainerinnen. Hinzu kamen rund 40 italienische Militärinternierte und zudem russische Kriegsgefangene in vier Lagern. Eines davon befand sich in der Schießhalle. Die meisten Zwangsarbeiter waren bei der Firma Hausmann eingesetzt.

1945: Befreiung und Besatzungsmacht

Anfang April 1945 marschierten die Amerikaner in Blomberg ein – und zwar morgens und von Reelkirchen aus kommend. Auf Höhe des heutigen Edeka-Marktes haben sich zwar noch Panzersperren befunden, der Befehlshaber des Volkssturmes hat die Sache aber als aussichtslos angesehen und die Leute nach Hause geschickt.

Die Amerikaner wollten also die offizielle Übergabe der Stadt an diesem Ort, der Bürgermeister hätte die Übergabe gerne im Rathaus vollzogen und so ging es einige Zeit hin und her. „Schließlich sind die Amerikaner mit Verweis auf die nachfolgenden Besatzungstruppen weitergezogen. Besatzungsmacht waren dann die Engländer, die einige Häuser beschlagnahmt und im Deutschen Haus ihre Kommandantur eingerichtet haben“, sagt Dieter Zoremba.

Autor: Rouven Theiß 
Quelle: Rouven Theiß