Nelkenzucht und berühmtester Sohn der Stadt
Heutzutage bringt man mit der Stadt Blomberg vor allen Dingen viel historische Bausubstanz, die HSG Blomberg-Lippe als Frauenhandball-Bundesligist und Gerhard Schröder, der einst im Ortsteil Mossenberg das Licht der Welt erblickt hatte, in Verbindung.
Doch weder alte Häuser noch ballwerfende junge Damen oder ein ehemaliger Bundeskanzler haben für den größten Ruhm Blombergs gesorgt. Die Rede ist hier von der Nelkenzucht, die dem lippischen Städtchen auch den Beinamen Nelkenstadt eingebracht hat. Den Grundstein legte Christian Freiherr von Ulmenstein in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf dem Meierei-Gelände, auf dem sich heute das Kulturhaus befindet.
Von Ulmenstein wirkte von 1805 bis 1840 als schaumburg-lippischer Drost. Die Amtsräume befanden sich in der Burg, die Wohnräume im Amtshaus, das sich an der heutigen Burg-Zufahrt befindet. Die Grabplatten von Ulmensteins, der von 1764 bis 1840 lebte, und seiner Frau sind im Schweigegarten in die Burgmauer eingelassen. „Für von Ulmenstein war das wohl eine Art Hobby“, beschreibt Stadtarchivar Dieter Zoremba. Das führte so weit, dass durch ihn auch das einstige Burgwallgelände eingeebnet wurde und Gärten entstanden.
Nach dem Tod des Nelkenzuchtbegründers betrieb Friedrich Vöchting, der als sogenannter Amtsdiener tätig war, die Zucht bis zu seinem Tod über 30 Jahre fort – und das mit durchschlagendem Erfolg. Er zeichnete für neue Nelkensorten verantwortlich und konzipierte Kataloge. „Für Vöchting“, weiß Dieter Zoremba, „war die Nelkenzucht Passion.“ Die Nelkenzucht wanderte 1875 in die Hände von Carl Gronemann – und der baute die ganze Angelegenheit im großen Stil aus. Aus rund 75 Nelkensorten entwickelte Gronemann mehr als 1500. Entsprechend groß war auch die Gärtnerei auf dem einstigen Meierei-Gelände, zu der auch zahlreiche Glashäuser gehörten.
Auch als Ziel für Ausflüge oder Besuche, beispielsweise durch den Fürsten Leopold IV. und seine Frau Bertha, taugte die Anlage. „Die Nelkenzucht war nicht nur in Lippe, sondern in ganz Europa bekannt. Das können wir deshalb sagen, weil es Produktkataloge für die Nelkensamen in deutscher, englischer und französischer Sprache gibt. Möglicherweise bestanden sogar Kontakte bis nach Japan“, so Stadtarchivar Zoremba, um anzufügen: „Das abrupte Ende folgte dann mit Beginn des Ersten Weltkrieges und der Kontinentalsperre.“
Als Gronemann Anfang der 1930er-Jahre starb, befanden sich nur noch einige Hundert Sorten im Angebot. Dessen Tochter betrieb die Gärtnerei noch bis in die 1960er-Jahre.
Am Rande: Der 1847 geborene Sohn Friedrich Vöchtings, Hermann, ist einer der berühmtesten Söhne der Stadt Blomberg. Er absolvierte eine Ausbildung zum Gärtner in Detmold, studierte anschließend und wirkte unter anderem in Bonn und Basel. Zu Bekanntheit kam er an der Universität in Tübingen, wo er als Professor tätig war und sogar dem Botanischen Institut vorstand. Von Vöchting existieren mehrere Werke – darunter die „Organbildung im Pflanzenreich“. Für sein Wirken erhielt Hermann Vöchting mehrere Auszeichnungen und die Ehrendoktorwürde. Nach ihm ist mittlerweile das ehemals Städtische Gymnasium Blomberg benannt.
Sowohl an Nelkenzucht als auch an Hermann Vöchting erinnern zwei, den Geschichtszeichen nachempfundene, Tafeln, die sich auf dem einstigen Gärtnereigelände vor dem Kulturhaus Alte Meierei befinden.